Kellerbier aus Oberfranken

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Kellerbiere haben im Bierland Oberfranken seit Jahrhunderten Tradition und Heimat. Sie werden gerne – was die Namengebung im Ansatz erklärt – “auf dem Bierkeller” aus dem steinernen Seidla-Krug zur Brotzeit getrunken, schmecken aber auch im gemütlichen Wirtshaus in geselliger Runde.

Kellerbiere gehören traditionell zu den etwas kräftiger eingebrauten Bieren, die man früher zum Ausgang der kalten Jahreszeit noch bevor die Sonne an Kraft gewann, in tiefe Felsen- oder Eiskeller zum Ausreifen einlagerte. So hatte man auch in der wärmeren Jahreszeit, in der das für Oberfranken charakteristische untergärige Bier nicht gebraut werden konnte, den gut gekühlten Gerstensaft frisch aus dem Keller zur Verfügung. Viele Wirte pflanzten auf den Kellern gleich einen schattigen Kastaniengarten und laden auch heute noch mit typischen Gerichten zur sommerlichen Bierkellerzeit.

Kellerbiere haben aber auch in der Kommunbrauerei seit dem frühen 19. Jahrhundert eine traditionelle Wurzel. Nachdem sich die ursprüngliche Hausbrauerei der brauberechtigten Stadteinwohner aufgrund der Feuergefahr in die Kommunbrauhäuser verlagert hatte, holten die Bürger an Brautagen ihr Quantum an Bier in Kannen und Fässer gefüllt im Brauhaus ab und brachten es zum Ausreifen in ihre privaten Felsenkeller. In einigen Ortschaften haben sich aus dieser Zeit noch typische Kellergassen erhalten. So existiert z.B. in Unterhaid bei Bamberg eine aus Mitteln der staatlichen Denkmalpflege sanierte Kellergasse mit 29 erhaltenen Einzelkellern, typischen Kellerhäusern, Terrassen und einer Kegelbahn, die das ursprüngliche, gesellige Sommerkellerwesen noch anschaulich dokumentieren. Die Kellerbesitzer holen auch heute noch frisch gebrautes Bier aus einer Brauerei im benachbarten Dörfleins und lagern es in ihren Felsenkellern zum Ausreifen und späteren Trinkgenuss ein.

Kellerbier ist ein untergäriges Vollbier von hell rötlicher bis dunkel-bernsteinfarbener Couleur. Die Stammwürze liegt zwischen 11,6 und 13,0%, der Alkoholgehalt bei ca. 4,6 bis 5,5%. Kellerbiere sind meist unfiltriert und daher leicht hefetrüb. Die natürlichen Inhaltsstoffe, wie Eiweiß, Bierhefe, Vitamine und andere Geschmacksträger, die normalerweise bei der Filtration entfernt werden, sind im fränkischen Kellerbier vollständig erhalten und machen es so bekömmlich. Im Geschmack ist das Kellerbier vollmundig-würzig mit feinen, ausgewogenen Malz- und Bitternuancen.

Kellerbiere sind die wohl typischste und ursprünglichste Bierart Oberfrankens, die in jeder der knapp 200, noch selbständigen Brauereien Oberfrankens nach überliefertem handwerklichen Verfahren gebraut wird.

Bei der Gärung und Reifung des Bieres entsteht Kohlensäure, die bei vielen herkömmlichen Biersorten mit Gegendruck, dem sog. „Spundungsdruck“ im Bier gebunden wird. Da Lagerfässer früher ausschließlich aus Holz waren, wäre das mit einem Holzzapfen verschlossene Fass durch den Druck irgendwann geborsten. Deshalb entfernte man den Spund frühzeitig, sodass kein Überdruck im Fass entstehen konnte. Dieses ursprüngliche Verfahren hat sich bei der Erzeugung des oberfränkischen Kellerbieres in den typischen kleinen Handwerksbrauereien erhalten. So verzichtet man beim ungespundeten Kellerbier auch heute noch auf den Spundungsdruck und läßt es etwa vier bis sechs Wochen ohne bzw. bei sehr niedrigem Druck reifen. Daraus entsteht ein spezieller Biercharakter mit wenig Kohlensäure, der beim Einschenken kaum Schaum bildet und eine mild-süffige, angenehm-trinkbare Konsistenz entfaltet. Kellerbier wird daher oft auch als “Ungespundetes” bezeichnet.

Kein Wunder, dass bei allem Festhalten an der guten alten Brautradition, sich auch eine besondere Sprachregelung beim Bestellen des typischen Bieres entwickelte. Da die Franken ohnehin nicht gerne viele Worte um einfache Dinge machen, heißt eine typische Bierbestellung beim Wirt „a U“, will sagen: „bitte ein ungespundetes (Keller-)Bier!“

Jahreskalender:

Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.

Autoren:

Fotos: Martin Bursch (1, 7, 8), Reinhard Feldrapp (2), Bierland Oberfranken, Bernd Sauer; Textbearbeitung: Uta Hengelhaupt

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