Hochprozentiges aus oberfränkischen Destillerien

Obstwässer, Brände, Geiste, Likeure
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Die obstreichen Regionen Oberfrankens sind zugleich Heimat vieler Brennereien und Destillerien. Allein in der Fränkischen Schweiz, dem führenden Obstanbaugebiet Oberfrankens, gibt es über 300 selbständige Brennereien. Aber auch die Spezialitätendestillerien im Fichtelgebirge, im Frankenwald, dem Obermaintal, im Steigerwald und in den Haßbergen gelten als Geheimtipp. Denn unsere hervorragenden Obstwässer, Geiste und Liköre sind echte Natur- und Kulturprodukte, die sich aus einer jahrhundertealten regionale Tradition entwickelten.

Die Kunst, aus einer vergorenen Fruchtmaische Alkohol zu destillieren, gehört nämlich zu den schon im Mittelalter bekannten Kulturtechniken. Ausgehend von den Laboratorien der alten Klöster wurde vor allem Wein zu Branntwein veredelt und u.a. zur Herstellung wohltuender Kräuterauszüge, zum Konservieren und zur Herstellung von Lacken und Farben verwendet. Gelehrten Alchimisten gelang es, die noch primitiven Apparaturen soweit zu verbessern, dass eine exaktere Trennung der Stoffe und Filterung der Fuselöle möglich wurde. In den mehrfach gebrannten Destillaten wurde bereits Alkohol in höheren Konzentrationen, das so genannte „Lebenswasser“ oder „Aqua vitae“ erzeugt. Wie der Name dieser hochprozentigen Destillate andeutet, schrieb man ihnen in Zeiten von Pest und Cholera, als man das Wasser aus vielen Brunnen nicht mehr trinken konnte, gesundheitsfördernde Kräfte zu. Die Experimente und das botanische Wissen vieler Ärzte und Apotheker, die sich mit der heilkräftigen Wirkung von Kräutern, Beeren und Wurzelextrakten auseinandersetzten, komplettierten das Wissen um die Wirkung alkoholischer Auszüge. So gehörten verschiedene Wässer, Kräuterbitter und andere Destillate bald in jede Hausapotheke.

Seit dem 15. Jahrhundert wurden alkoholische Spezialitäten in vielen europäischen Ländern gewerblich hergestellt. Neben billigeren Branntweinen treten bereits in dieser Zeit verschiedene regionalcharakteristische Destillate wie Armagnac und Calvados hervor. Ab dem 16. Jahrhundert werden auch in Deutschland immer mehr gewerbliche Brennereien und Destillerien sowie erste Destillate mit überregional bekannten Namen belegbar. Kein Wunder, dass schon bald die Obrigkeit die Gelegenheit wahrnahm, von der Alkoholproduktion und noch mehr vom grassierenden Alkoholgenuss durch eine Branntweinabgabe finanziell zu profitieren. 1873 wurde diese in Deutschland erstmals vereinheitlicht und mit der Gründung des Branntweinmonopols 1886/7 zur reichsweiten Geltung gebracht. Dabei standen allerdings eher die industriellen und halbindustriellen Brennereien der großen Güter im Norden und Osten des Deutschen Reichs im Mittelpunkt, in denen große Mengen an Getreide und Kartoffeln zu Alkohol destilliert wurden.

Obstwässer und Brände:
In Süddeutschland und vor allem in Oberfranken dominiert bis heute die Herstellung von Obstwässern oder Bränden aus zuckerhaltigen Obstsorten wie Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Mirabellen, Kirschen und Quitten. Um die Bezeichnung Brand oder Obstwasser zu führen, muss eine entsprechende Spirituose mindestens 37,5 % Vol Alkohol enthalten. Für den Brand werden die Früchte oder deren Saft zuvor vergoren und anschließend als Maische destilliert. Damit ein Brand in Bezug auf die erzielte Ausbeute wirtschaftlich bleibt, wird die Technik des Vergärens nur bei Ausgangsprodukten angewendet, die ausreichend Zucker enthalten. Bezogen auf 100 Kilo Frucht liegt der durchschnittliche Ausbeutesatz (= 95 % Alkohol) für Kernobst bei 3,6 Litern, für Kirschen bei 5,0 Litern, für Zwetschgen bei 4,6 Litern, für Schlehen dagegen lediglich bei 2 Litern, wovon jeweils Vor- und Nachlauf abzuziehen sind, wenn man die Ausbeutemenge an trinkbarem Alkohol bestimmen will. Ein neuer Trend liegt in der Herstellung von Bierbränden, für die ausschließlich frisches Bier verwendet wird.

Geiste:
Weniger zuckerhaltiges Beerenobst und verschiedene Wildfrüchte, wie Himbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Holunder, Vogelbeeren, Schlehen sowie Nüsse, Kräuter und Gewürze, wie z.B. Kümmel, eignen sich wegen des geringeren Fruchtzuckergehalts nicht zum Vergären. Deshalb werden sie meistens nicht gebrannt, sondern zur Herstellung von Geisten verwendet. Dazu wird der Ausgangsstoff mit Alkohol überspritet oder mazeriert (eingeweicht). Verwendet werden darf nur Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs mit 96 %Vol Alkoholgehalt (sog. Monopolalkohol aus Beständen der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein). Die Dauer der Mazeration hängt von der Frucht ab und liegt zwischen wenigen Stunden bis mehreren Wochen. Dabei darf kein Alkohol durch Gärung entstehen. Anschließend wird das Gemisch abdestilliert. Auch ein Geist muss wenigstens 37,5 % Alkohol enthalten.

Liköre:
Der Begriff Likör kommt aus dem französischen Wort „liqueur“, bzw. dem lateinischen Wort „liquor“ für „Flüssigkeit“. Liköre sind Mischgetränke aus Alkohol, Zucker und geschmacksgebenden Essenzen. Der Mindestalkoholanteil liegt bei ca. 15 %. Zur Herstellung von Likören wird Alkohol einer aromatischen Grundmischung aus Wurzeln, Kräutern, Rinde, Früchten, Fruchtschalen, Gewürzen und anderen Essenzen zugesetzt und – im Gegensatz zur Mazerierung von Geisten – mit Zucker, Glykosesirup oder Honig sowie ggf. mit Wasser vermischt. Die Herstellung eines solchen Ansatzes kann gleichzeitig oder in mehreren Schritten erfolgen. Nach einer bestimmten Zeit wird der Ansatz gefiltert und kann in dieser Form als „Aufgesetzter“ abgefüllt werden. Eine Sterilisierung ist nicht notwendig, da der Alkoholgehalt eine mikrobiologische Veränderung der Mischung verhindert. Bei Edellikören verläuft diese Prozedur insgesamt aufwändiger. Die gefilterten Ansätze können nochmals destilliert werden, um die Aromen zu konzentrieren.

Köstliches aus alten Rezeptbüchern
Am Anfang eines Brennprozesses steht das Einmaischen der Früchte. Zur Erzeugung geschmacklich hochwertiger Destillate ist es notwendig, das Brenngut sorgfältig auszulesen sowie Stiele und ggf. Kerne oder Kernhäuser zu entfernen. Viele Brenner haben sich in Franken auf die Erzeugung von sortenreinen Bränden spezialisiert. Das sonnengereifte Obst wird zerkleinert und in der Maische durch den enthaltenen Fruchtzucker zur Vergärung gebracht. Diese vergorene Maische wird in die kupferne Brennblase gefüllt und durch Wärmezufuhr erhitzt. Ein Rührwerk in der Blase sorgt für eine gleichmäßige Verdampfung der in der Maische enthaltenen Komponenten. Die alkoholischen Dämpfe sammeln sich im Geisthelm oberhalb der Blase und schlagen sich über das Geistrohr in den Glockenböden der Rektifikationskolonnen im Kondensator nieder. Im Gegenstromkühler durch Wasser heruntergekühlt, kondensiert der Alkoholdampf zum flüssigen Destillat und kann nun ausgeleitet werden. Dabei wird durch einen Alkoholmeter der Alkoholgehalt sorgfältig beobachtet, um Vor-, Mittel- und Nachlauf zu trennen. Ein erfahrener Brenner verlässt sich zudem auf Nase und Zunge, um den hochwertigen Mittellauf von allen Geschmacks beeinträchtigenden Stoffen frei zu halten. In Stahlbehältnisse abgefüllt, lässt man die gewonnenen Destillate noch einige Zeit reifen, um die enthaltenen Aromastoffe unter Einwirkung von Luftsauerstoff zu verstärken. Erst danach verdünnt man das Erzeugnis mit Wasser auf die erwünschte Trinkstärke.

Wie im gesamten süddeutschen Raum sind für unsere oberfränkischen Brennereien vor allem Obstwässer aus Stein- und Kernobst sowie Geiste aus Wildobst und Beeren charakteristisch. Dabei gehen viele Edeldestillerien zu sortenreinen Bränden charakteristischer fränkischer Obstbestände über. Hierzu gehören z.B. Brände aus Äpfeln wie Rubinette, Gravensteiner, roter Boskop, Birnen wie Clapps Liebling, Gute Luise, Williams Christ oder Köstkuche von Charneux, aus Speierling und Konstantinopler Apfelquitte, aus Kirschen wie Karlsberger und Dolleseppler sowie aus Vogelbeeren und Johannisbeeren. Um ausreichend Obst sortenreiner Ernte und hervorragender Qualität zur Verfügung zu haben, hegen und pflegen die oberfränkischen Brenner und Destillateure ihre Obstgärten nach Kräften. So wurden allein in der Fränkischen Schweiz rund um das legendäre Walberla in den letzten Jahrzehnten nicht nur alte Streuobstbestände erhalten, sondern auch Tausende an regionaltypischen Obstbäumen nachgepflanzt. So geht die Herstellung hochwertiger Spirituosenerzeugnisse mit der Pflege der überlieferten Kulturlandschaft Hand in Hand.

Zu den Raritäten unter den Geisten zählen Waldhimbeere, Schlehe, Holunder und Hagebutte sowie Walnuss und Haselnuss. Allein für die Herstellung einiger Flaschen des so begehrten Schlehengeistes werden mehrere Kilometer Hecken abgesammelt – ein Aufwand, der Tage in Anspruch nimmt und im Preis des Endproduktes kaum berechnet werden kann. Besonders empfehlenswert sind aber auch unsere aromatischen Kräutergeiste, die häufig nach alten Rezeptbüchern sorgfältig komponiert werden. Auch hierzu sammeln viele fleißige Helfer die begehrten Kräuter noch auf unberührten Wiesen und sorgen dafür, dass die eigenen Erzeugnisse einen ganz unverwechselbar typischen Geschmack erhalten. Neben Wacholder, Kümmel und verschiedenen Kräuter- und Wurzelextrakten wird in Oberfranken auch Bärwurz zu würzig-wohlschmeckenden Geisten verarbeitet. Während nach dem auch im Bayrischen bekannten Verfahren einerseits die Wurzeln des Bärwurzkrautes verwendet werden, tüftelte ein Destillateur aus Weißenstadt im Fichtelgebirge auf Anregung der dortigen Naturparkverwaltung an einem Verfahren, lediglich die Samenstände der Pflanze zu verwenden. Das Endergebnis war ein hocharomatisches Erzeugnis, das nicht nur alle Genusserwartungen übertraf, sondern zudem auch die landschaftstypischen Pflanzen schont.

Schon in den alten Klosterlaboratorien und Apotheken wurden Liköre unterschiedlichster Aromen hergestellt. Neben köstlichen Beerenlikören z. B. aus Blaubeeren, Vogelbeeren oder Hagebutten, Blütenauszügen wie Rose und Holunder sind für Oberfranken die aromatischen Kräuterbitter charakteristisch. Nicht selten verwenden unsere Destillateure zu ihrer Herstellung alt überlieferte Rezepturen, die altes Heilwissen ebenso verarbeiteten wie das richtige Gespür für eine optimale Geschmacksabrundung. Beeindruckend ist auch die Zahl der verwendeten Kräuterdrogen. Ein klassischer fränkischer Kräuterbitter enthält zwischen 30 und 50 verschiedene Kräuterauszüge, die sorgfältig mazeriert und mit einer fein abgestimmten Menge an Zucker, Honig oder Glykosesirup vermischt werden. Unserer Destillateure legen Wert darauf, nur Beeren, Kräuter, Wurzeln und natürliche Gewürzaromen zu verwenden. Einige sammeln auch heimische Kräuter wie Arnika, Angelika, Blutwurz, Fenchel und Pfefferminz noch selbst und kombinieren diese mit ausgewählten Essenzen unterschiedlicher Herkunft. Was dabei heraus kommt, kann sich wahrhaftig sehen lassen. Gehen Sie doch mal auf Entdeckungsreise und erleben Sie Oberfranken hochprozentig.

Jahreskalender:

Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.

Autoren:

Genussregion Oberfranken, Foto Martin Bursch; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt

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