Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg

  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg
  • Unterhaider Röthla und Staffelbacher Spitzlberg

Oberfranken ist bekannt für seine guten Biere. So mag es manchen überraschen, dass das “Land der Brauereien” auch eine alte Weinbauregion war, deren Relikte sich in verschiedenen, kulturlandschaftlich herausragenden Zeugnissen erhalten haben. Am westlichen Ausgang des Bamberger Talkessels werden unter der Lagenbezeichnung “Unterhaider Röthla” auch heute noch einige Weingärten kultiviert, deren Erzeugnisse unter Kennern inzwischen durchaus als Geheimtipp gelten können. Sie gehören zum östlichsten Teil des Weinbaugebiets Franken, in dem sich der kulturhistorisch ungemein interessante Übergang zur jüngeren Bierkultur an vielen Details exemplarisch ablesen läßt. Die derzeit erfassten Anbauflächen betragen in Unterhaid etwa 2,703 ha und in Staffelbach 2,083 ha.

Unter den Lagenbezeichnungen “Unterhaider Röthla” und “Staffelbacher Spitzlberg” werden hier verschiedene, für das Weinbaugebiet Franken typische Rebsorten kultiviert, darunter bodenständig ehrliche, mild fruchtige Silvaner und Müller-Turgau-Reben, ein Kerner mit reichhaltigem Bukett und leichter Muskatnote sowie ein samtweicher, vollmundiger Schwarzriesling mit feinem Johannisbeeraroma. Als Besonderheit wird ein rassig-frischer Rotling ausgebaut, in dessen Maische weiße und rote Trauben gemischt und gemeinsam vergoren werden.

Am westlichen Ausgang des Bamberger Talkessels beginnt also an den zum Main hin abfallenden Ausläufern der Hassberge mit den Lagen “Unterhaider Röthla” und “Staffelbacher Spitzlberg” in einem gerade noch zu Oberfranken gehörenden Zipfel der mainfränkische Weinbau. Es gehört heute zu den Besonderheiten dieses Kulturlandschaftsraumes, dass sich hier die letzten Zeugnisse der wesentlich älteren und einstmals bedeutenden Weinbautradition Oberfrankens mit der jüngeren Kultur des oberfränkischen Hausbrauwesens zu mischen beginnen. So finden sich neben rezenten, erstmals im Mittelalter bezeugten Weinbergslagen mit alten Trockenmauern und malerischen Weinhüterhäuschen Kellergassen, Kellerhäuschen, Sommerkeller und Kegelbahnen, die seit dem 18. Jahrhundert für die kühle Lagerung und den Genuss des Gerstensaftes errichtet wurden.

Die Randlagen des Bamberger Talkessels zählen zu den ältesten Weinbaugebieten Frankens. 911 wird bei Viereth ein Weingarten in einer Urkunde König Konrads erwähnt, der diesen Besitz mit weiteren Gütern und einigen slawischen Siedlungen an das Kloster St. Gumbert in Ansbach überträgt. Als Kaiser Heinrich II. das von ihm gegründete Bistum Bamberg mit Grundbesitz ausstattet, gehören dazu ebenfalls bereits bestehende Weingärten um das alte karolingische Königsgut Hallstadt. 1139 wird auch in Dörfleins Weinbau bezeugt und spätestens im 15. Jahrhundert sind die südwestlich geneigten, sonnigen Hänge des Semberges in den Gemarkungen der Gemeinden Hallstadt, Dörfleins und Oberhaid mit Weinstöcken bepflanzt. Als Grundherren werden hier u.a. die Klöster Fulda und Michaelsberg genannt.

Auch in der Stadt Bamberg waren im 11. Jahrhundert die meisten Hänge sowie einige Gärten der Theuerstadt mit Wein bebaut. Hier entwickelte sich der Berufsstand des Weinrufers, der auf festgelegten Rufstätten ausrief, welcher Bürger der Stadt berechtigt war, Wein auszuschenken. Seit dem 15. Jahrhundert übernahmen die Weinrufer auch die Funktion der Weinkieser (Verkoster), die jeweils zu zweit die angebotenen Weine verkosteten, um Preis und Qualität festzulegen.

Aufgrund eines in Mitteleuropa dramatischen Klimaeinbruchs im 17. Jahrhundert, der in den Annalen gelegentlich als Kleine Eiszeit beschrieben wird, war der Weinbau im Bamberger Becken jedoch nicht mehr rentierlich, prägte aber noch bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Region. Um den ansässigen Weinbauern eine neue Existenzgrundlage zu schaffen, wurde nach 1767 unter Förderung des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim der Hopfenanbau im Bamberger Land ausgeweitet. So findet sich heute noch in den alten Weinbergslagen an den Rändern des Maintales, aber z.B. auch am Kraiberg bei Baunach oder an den Hängen des Ellerbachtals bei Lohndorf wiederholt die alte Flurbezeichnung “Hopfgarten”, die damit auf diese inzwischen ebenfalls längst geschichtliche Phase des Hopfenanbaus in der Region verweist. Erhalten haben sich gleichwohl zahlreiche kleine Landbrauereien mit typischen Sommerkellern sowie verschiedene Zeugnisse des älteren Hausbrauwesens, bei dem jeder Berechtigte sein Bier im eigenen Keller lagern durfte. So wurde 2010 in Unterhaid eine noch heute genutzte Kellergasse mit charakteristischen Kellerhäusern und einer Kegelbahn behutsam in Stand gesetzt.

In der charakteristischen Kulturlandschaft des Bamberger Talkessels sind die alten Wein- und Hopfgärten, die in der Nachfolgekultur vor allem durch Streuobstanbau genutzt wurden, vielfach sichtbar geblieben. Aufgrund einer weitgehend extensiven Bewirtschaftung spiegeln sie mit ihren typischen schmalen, hangsenkrecht gelegenen Parzellen nicht nur einen wichtigen Teil der kulturlandschaftlichen Entwicklung der Region, sondern gehören heute auch zu den besonders wertvollen Rückzugsräumen seltener Tier- und Pflanzenarten.

In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts lebte auch der regionale Weinbau im westlichen Zipfel des Landkreises Bamberg allmählich wieder auf. So wurden mehrere Weingärten in der Gemarkung der Gemeinden Oberhaid und Viereth-Trunstadt in privater Initiative neu angelegt. In den Ortsteilen Unterhaid und Staffelbach wird der Weinbau seit einigen Jahrzehnten auch wieder gewerbsmäßig betrieben. Typisch für die alte und neue Struktur dieser Weingärten sind ihre senkrecht zum Hang verlaufenden Parzellierungen, die bei mäßiger Steigung durch Stufen und Stützmauern unterbrochen werden. Die Hangkuppen werden von wärmenden Eichen-Kiefer-Mischwäldern bedeckt. Häufig säumen Hecken und naturnahe Wiesen sowie Krautränder die Weingärten. In Unterhaid gab die Flurbezeichnung “Abendröthe” der Weinlage “Unterhaider Röthla” den Namen. Die Lagebezeichnung des “Staffelbacher Spitzlberg” entstand aus der unmittelbaren Lage unterhalb des gleichnamigen Berges. Hier, wie am benachbarten Kunkelsbühl wurden inzwischen Teile der alten Weinbergsanlagen mit ihren Stufenterassen und Trockenstützmauern als Naturschutzgebiete ausgewiesen. So finden sich z.B. auf den begleitenden, wärmeliebenden Krautsäumen sowie auf den Halbtrocken- und Sandmagerrasen noch zahlreiche Exemplare einer besonderen Flora und Fauna, die inzwischen zu den vom Aussterben bedrohten Arten gehören, wie die Astige Graslilie, Rapunzel-Glockenblume, der Rauhaarige Alant, Hirschwurz, Weinbergslauch und Weinbergstulpen sowie Knabenkraut, Berg-Haarstrang und viele mehr.

Wir sind daher der Meinung, dass es dieses einmalige Ambiente unbedingt eine Erwähnung verdient, zumal die in der Lage Unterhaider Röthla erzeugten Weine von beachtlicher Qualität sind. Man kann sie vor Ort in verschiedenen urigen Häckerwirtschaften direkt beim Erzeuger, auf einem inzwischen auch überregional bekannten Hofschoppenfest im September oder in verschiedenen Gaststätten der Region genießen.

Jahreskalender:

Sie können die Spezialität ganzjährig genießen.

Genusstipp:

Die Weine der Lage “Unterhaider Röthla” und “Staffelbacher Spitzlberg” werden von Kennern als Geheimtipp gehandelt. Insbesondere der hier erzeugte Rotling, ein rassig frischer Rosé-Wein wird von Liebhabern geschätzt. Aber auch der hier auf sonnenreichen Hängen reifende bodenständige Silvaner, ein mild-fruchtiger Müller-Turgau, ein lieblicherer Kerner sowie ein vollmundiger Schwarzriesling können sich sehen lassen! In den regionalen Heckenwirtschaften mit teilweise beschränkten Öffnungszeiten sowie auf einem Hofschoppenfest im September kann man diese Weine zusammen mit typischen regionalen Speisen genießen. Für einen begrenzten Zeitraum werden sie auch als Federweißer oder Feder”roter” ausgeschenkt.

Literatur:

Regierung von Oberfranken, Gutachten Naturschutzgebiet Nr. 52 Hänge an Spitzlberg und Kunkelsbühl, RD Dr. Johannes Merkel; www.regierung.oberfranken.bayern.de/nsg/5-52/5-52-04-Gutachten.pdf.
Thomas Gunzelmann, die historische Kulturlandschaft Frankens, Vortrag zum Nordbayerischen Naturschutztag am 25.3.2006, S. 9 – 11 (http://thomas-gunzelmann.net/wordpress/wp-content/uploads/2010/04/Ebern.pdf).
Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege und Bayerisches Landesamt für Umweltschutz, Die historische Kulturlandschaft in der Region Oberfranken –West, Augsburg / München 2004, S. 22.

Autoren:

Genussregion Oberfranken, Fotos Martin Bursch und Uta Hengelhaupt; Textbearbeitung Uta Hengelhaupt

Zur Übersicht