Unterhaid: Zur historischen Bierkellergasse

Landkreis Bamberg
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In Oberfranken haben sich rund um das Bier viele Traditionen erhalten, die es nur noch hierzulande gibt. Eine davon ist der Brauch, in den warmen Monaten zum Bier “auf den Keller” zu gehen. Als man nämlich dazu überging, Bier untergärig zu brauen, benötigte man zur Gärung, Reifung und Lagerung des Gerstensaftes kühle Stollenanlagen, in die ab dem Spätwinter geschnittene Eisblöcke eingelagert wurden, um das Bier im Sommer zu kühlen.

Die Unterhaider Kellergasse entstand aus diesem Zuammenhang und umfasst heute noch 29 Einzelkeller sowie einen Sommerkeller der ansässigen Brauerei (ehemals Klarmann, heute Gambrinus-Bräu) mit Kellerhaus, Kegelbahn und zwei Terrassen. Dank der Forschungsarbeit des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und der finanziellen Unterstützung durch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz konnte das einmalige Ensemble bis 2012 wiederhergestellt werden.

Mit einer Lichtillumination durch Studierende der Hochschule für Design in Coburg eröffnet, wurde der Sommerkeller seither auch an verschiedenen Abenden wieder zum Ausschank geöffnet. Ob sich das bewährt, muss sich erst noch erweisen. Aber auch unabhängig von Speis und Trank ist die Unterhaider Kellergasse einfach ein besonderes Zeugnis der oberfränkischen Kulturgeschichte.

“Lasst uns auf den Keller gehen” sagt man in Oberfranken gerne an warmen Sommerabenden. Hinter dieser wörtlich zu nehmenden Umschreibung steckt folgender Zusammenhang: Mit dem Übergang zur untergärigen Brauweise, der in Oberfranken (wie im übrigen Bayern) schon im 16. Jahrhundert begann, war es notwendig, bei der Gärung und beim Ausreifen und Lagern des Bieres niedrige Raumtemperaturen von 6° bis max. 9° C zu garantieren. Dadurch entwickeln sich weniger Pilze und Mikroben, wodurch das untergärig gebraute Bier gegenüber dem obergärigen eine längere Haltbarkeit erzielt, insgesamt aber auch eine längere Gär- und Lagerzeit benötigt. Die erforderlichen niederen Raumtemperaturen erzeugte man, indem man in tiefe Felsenkeller während der winterlichen Jahreszeit Eisblöcke einbrachte, die die Stollen auch in den wärmeren Monaten kühlten.

Begünstigt wurde die Entwicklung im 17. und 18. Jahrhundert durch eine Klimaverschlechterung, die in den Annalen auch als “Kleine Eiszeit” beschrieben wird. Wirkte sich diese auf viele ursprüngliche Anbauprodukte – wie insbesondere auf Wein und verschiedene Getreidesorten – verheerend aus, förderte sie doch insgesamt auch die Brautechnik und vor allem rund um Bamberg den Übergang von der älteren Weinkultur zur jüngeren Bierkultur. Ein besonderes Zeugnis dieser Entwicklung ist die Bierkellergasse in Unterhaid, deren ältere Keller bereits aus dem 1. Drittel des 18. Jahrhunderts stammen. Aber auch die seit einigen Jahren rund herum wieder kultivierten Weingärten sowie die im 19. Jahrhundert mit Obstbäumen oder Hopfen bepflanzten rezenten Lagen sind herausragende kulturlandschaftliche Zeugnisse dieser, die Regionalgeschichte prägenden Prozesse. Dabei ist natürlich nicht auszuschließen, dass in dem einen oder anderen Keller ursprünglich auch Weinfässer oder andere Feldfrüchte lagerten. Historisch belegt und teilweise bis heute praktiziert aber ist die Verwendung zur Einlagerung des entweder selbst oder im Lohnbrauverfahren erzeugten Bieres, das nicht nur vom ansässigen Gasthaus, sondern auch von den privaten Brauberechtigten bezogen werden kann.

In einem weiteren Entwicklungsschritt kam im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert die Idee auf, die Lagerkeller im Sommer zugleich auch für den Ausschank zu nutzen. Einerseits sparten sich die Brauer den Transport der Fässer zurück ins Gasthaus, andererseits bot sich die Lage der Felsenkeller am Rande der Ortschaften, in kühlen Hainwäldern oder leicht erhöht an Bergabhängen einfach an, um hier schattige Biergärten zu eröffnen, die an heißen Tagen natürliche Kühlung und einen angenehmen Aufenthalt im Freien ermöglichten. Dies wiederum traf auf ein erhöhtes Freizeitbedürfnis der Bevölkerung, die grundsätzlich die Aufenthaltsqualitäten der freien Natur zu schätzen lernte. So wurden, wie in Unterhaid, z.B. durch Kegelbahnen oder Musikpavillons weitere Angebote geschaffen, den Aufenthalt auf dem Keller zu genießen. Und dies tun die Oberfranken nach wie vor mit Begeisterung. Denn was könnte es Schöneres geben, als an einem warmen Abend hinaus zu den geöffneten Bierkellern zu pilgern, und dort ein naturgekühltes und frisch gezapftes Bier zu trinken. Übrigens darf man sich zu den meisten Sommerkellern die eigene Brotzeit selber mitbringen. Denn hier ging es zunächst nur um den Bieraussschank. Bis die Keller schließlich gastronomisch bewirtschaftet wurden, brauchte es noch eine längere Entwicklung, die aber in einem anderen Kapitel der oberfränksichen Biergeschichte steht.

In Unterhaid übrigens wurde die Wiederherstellung der alten Kellergasse im Jahr 2012 mit einem besonderen Event begangen. Unterstützt vom Verein Oberfranken offensiv und der Oberfrankenstiftung wurden Studierende des Studiengangs Design an der Hochschule Coburg in Zusammenarbeit mit dem Coburger Designforum Oberfranken gewonnen, um die Unterhaider Kellergasse zehn Tage lang phantastisch, zauberhaft und faszinierend zu beleuchten. Dazu wurde im größten Keller der Anlage, der zum ansässigen Gambrinus-Bräu gehört, der Kellerbetrieb mit frisch gezapftem Bier und einem typischen Speiseangebot probeweise wieder aufgenommen.

Noch ist allerdings offen, ob sich der Betrieb in der traditionsreichen Anlage erhalten kann. Aber auch unabhängig von der Möglichkeit, hier einzukehren, lohnt sich der Besuch in diesem einmaligen Ensemble alter Keller. Und wer den Ausflug gerne mit einer längeren Wanderung verbinden möchte, kann vorbei an den wieder bewirtschafteten Weingärten auf die Anhöhe steigen und von dort die alte Kulturlandschaft des Bamberger Beckens überblicken.

Kulinarisches:

Auf den Sommerkellern in Oberfranken kann man die typischen untergärigen Biersorten der Region wie: Märzen, Lager und Pils genießen. Gebraut wurden sie ursprünglich in der kalten Jahreszeit und ab März in den Felsenkellern zur Gärung und Reifung eingelagert. Ab dem 19. Jahrhundert setzten die Brauer allmählich das Recht durch, die gelagerten Biere in der warmen Jahreszeit auch gleich “auf” den Kellern auszuschenken. Denn deren Lage in schattigen Hainwäldern, an Talrändern und kühlen Anhöhen bot sich geradezu an, um unter extra gepflanzten Kastanienbäumen gemütliche Gartenbetriebe zu eröffnen. Mit der Zeit wurde auch die Bewirtschaftung der Keller mit einem typischen (kalten und hausgemachten) Speiseangebot aufgenommen. Zu den typischen Kellergerichten gehören seither alle Arten von Brotzeiten, Ziebelaskäs, Wurst mit Musik, Rettich und Brot, Gerupfter und vieles mehr.

Die Unterhaider Kellergasse ist ein besonderes Anschauungszeugnis der alten Kellerkultur in der Region. Allerdings bleibt noch offen, ob der 2012 wieder aufgenommene Bieraussschank im historischen Ambiente aufrecht erhalten werden kann. Wer zum fränkischen Bier einkehren möchte, findet in der Brauerei Wagner in Oberhaid sowie beim Gambrinus in Unterhaid typische fränkische Wirtshauskultur

Rundum Unter- und Oberhaid lebt aber auch die alte Weinbautradition wieder auf. So hat man von der Weinstube im Alten Rathaus bis zur Gaststube Mohl in Unterhaid und mit den Heckenwirtschaften Auer in Unterhaid sowie in Barthels Heckenwirtschaft in Staffelbach verschiedene Auswahlmöglichkeiten für überraschende kulinarische Eindrücke.

Literatur:

Th. Gunzelmann und S. Kreuzeder, “Im Keller und auf dem Keller”- Bauforschung in der Unterhaider Kelelrgasse, Denkmalpflege-Informationen (B), Nr. 142, 2009, S. 35 – 40.

Erlebnis

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