Tröstau: Hammerschloss Leupoldsdorf
Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge
Leupoldsdorf (mit Leupoldsdorferhammer) ist ein Ortsteil der Gemeinde Tröstau im Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge. Weithin dominiert wird das kleine Dorf von der Anlage des Hammerherrenschlosses mit seinen Teichanlagen, das in den zurückliegenden Jahren vorbildlich in Stand gesetzt wurde. Das geschichtsträchtige Ensemble spiegelt eindrucksvoll einen bedeutsamen Teil der vergangenen Industriegeschichte in der Region wider. Denn aufgrund der Vorkommen an Mineralien und Erzen waren das Bergbau-, Hammer- und Hüttenwesen im Fichtelgebirge Grundlagen eines verbreiteten Wohlstandes. So erzählte man sich in dieser Zeit, dass ein Stein, den man nach einer Kuh warf, wertvoller war als die Kuh selbst.
Die Berglagerstätten des Fichtelgebirges waren jedoch nicht sehr ergiebig und teilweise nur schwer zugänglich. Auch der bedeutendere Eisenerzabbau rund um das Tröstauer Revier musste im 19. und 20. Jahrhundert aufgrund der mangelnden Rentabilität eingestellt werden.
Im sanierten Torhaus des Leupoldsdorfer Hammerschlosses erinnert heute eine Ausstellung an die Geschichte des Eisenhammers in Leupoldsdorf und der Eisenverarbeitung in der Region. Außerdem befindet sich hier eine Infostelle und Touristinformation des Naturparks Fichtelgebirge. Rund um das Hammerschloss wurde die historisch belegte Gartenanlage nach alten Plänen wieder hergestellt. Auch der ehemalige Mühlgraben wurde freigelegt und gestalterisch mit einem offenen Wassergraben und Wasserrad in das Ensemble einbezogen. Eine Streuobstwiese und Wildobsthecken schließen sich an. Ebenso wiederhergestellt wurden die Teichanlagen in einer Fläche von 50.000 qkm auf der gegenüberliegenden Seite der Straße. So entstand eine attraktive Anlage, die das touristische Angebot der Gemeinde erweitert.
Die Kulturlandschaft des sagenhaften Fichtelgebirges birgt zahlreiche Spuren, durch die die bewegte Geschichte der Region anschaulich wird. Eine davon führt buchstäblich unter Tage, denn das Fichtelgebirge gehört zu den alten Bergbaulandschaften. Bereits seit dem frühen Mittelalter wurden hier Erze, vor allem Gold-, Zinn- und Eisenerze abgebaut. In Hammerwerken an wasserreichen Fichtelgebirgsflüssen, in Schmelzöfen und Schmiedebetrieben wurden die abgebauten Metalle weiterverarbeitet. Die Wälder des Gebirges lieferten das erforderliche Holz für die Herstellung von Holzkohle, um für die Schmiedefeuer hohe Temperaturen zu erzeugen. Und auch in den Städten der Region, wie Wunsiedel und Weißenstadt, siedelten sich spezialisierte Handwerker an, die z.B. als Pfannschmiede, Nagelschmiede, Flaschenschmiede, Löffelschmiede, Haubenschmiede (Plattner, Harnischmacher) und vor allem als Blechzinner unmittelbar von den Bergschätzen des Fichtelgebirges lebten oder als Fuhrunternehmer deren Erzeugnisse in die Welt hinaus brachten.
Neben verschiedenen Erinnerungsstätten an die vergangene Bergbaugeschichte ist auch das Hammerherrenschloss in Leupoldsdorf ein besonderes Geschichtszeugnis. Als Hammerherren oder Hammermeister bezeichnet man die Verwalter, Pächter oder auch erblichen Besitzer eines Eisenhammers. Ursprünglich stammten diese als Meister selbst aus dem Schmiedehandwerk. Sie beschäftigten eine Reihe von Arbeitern (Hammerknechte) und erbrachten selbst organisatorische Leistungen in der Beschaffung der notwendigen Rohstoffe und Sicherung des Absatzes der erzeugten Produktion. Von ihren gelegentlich erheblichen Gewinnen zahlten sie einerseits die Löhne der Hammerknechte sowie eine oftmals im Voraus vereinbarte Abgabe an den Landesherren. Im vorindustriellen Zeitalter konnten einzelne Hammerherren regionale Monopole für die Abnahme von Rohstoffen und den Weitervertrieb von Schmiedeeisen als Halbzeug oder für daraus gefertigte Gebrauchsgüter erlangen. Häufig erwirtschafteten sie ein beträchtliches Vermögen, was sich auch in der schlossartigen Anlage ihrer Häuser ausdrückte. Vielen gelang zudem der Aufstieg in den niederen Adel.
Der Eisenhammer mit dem Hammerherrenschloss in Leupoldsdorf steht exemplarisch für diese Entwicklungen. 1432 wird der Hammer anläßlich der Übertragung an Ulrich von Taubenmerckel durch den Markgrafen von Kulmbach-Bayreuth erstmals erwähnt, soll aber zu dieser Zeit schon länger bestanden haben. Unter den nachfolgenden Besitzern Franck (ab 1563) und Schreyer (ab 1620) entwickelte sich das Hammerwerk zu einem ansehnlichen Betrieb. Nach Rückschlägen durch die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges übernahm 1708 der markgräfliche Jäger Michael Müller, verheiratet mit einer Tochter des Hammermeisters Simon Schreyer, den Hammer. Unter Johann Christoph von Müller (geadelt 1816) hatte der Leupoldsdorfer Hammer seine Blütezeit. Zum Betrieb gehörten neben dem Schlossgebäude ein Stab- und Zainhammer nebst Schleifwerk, ein Wohnhaus für den Schichtmeister, Köhler und Frischer, eine Ziegelhütte, ein Kalkofen und eine Mühle. Der Grundbesitz der Hammerherren umfasste viele Staugewässer, Gärten, Wiesen, Äcker, Waldwiesen und Wald. Auch der Neuenhammer bei Tröstau sowie der Hochofen und der Zainhammer bei Meierhof (bei Weißenstadt) befanden sich in seinem Besitz. Zeitweise besaß Johann Christoph auch die Rittergüter Meußelsdorf bei Marktredwitz, Erkersreuth bei Selb, Meyernberg bei Bayreuth und Groschlattengrün. Um 1850 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation des Hammerwerkes infolge der von England und Amerika ausgehenden Industrialisierung und dem zunehmenden Import aus dem Ausland. Da keine Nachfrage mehr nach Stab- und Roheisen bestand, wurden ab 1895 die zum Hammerwerk gehörenden Grundstücke und Gebäude verkauft, denn der Hammerherr hatte zudem 13 ledige Töchter zu versorgen.
Das Hammerschloss, in seiner äußeren Erscheinung vor allem durch einen Umbau von 1815/1816 geprägt, ist heute in Privatbesitz. Im Nebengebäude befindet sich ein gern besuchtes Gasthaus. Das Torhaus wurde von der Gemeinde mit einer Infostelle des Naturparks Fichtelgebirge sowie einem Ausstellungsraum über die Geschichte des Hammers übernommen.
Kulinarisches:
Wer sich auf die Spuren des Bergbaus und der Hammermeister im Fichtelgebirge begibt, kommt an Leupoldsdorf nicht vorbei. Doch während an den erhaltenen Gebäuden und Relikten der Kulturlandschaft viele Einzelheiten des täglichen Lebens wieder sichtbar werden, sind Überlieferungen z.B. zu den Speisegewohnheiten der Bergleute und Hammerherren eher unsicher. Man kann davon ausgehen, dass in den Blütezeiten des Bergbaus auch die Versorgung der Bergleute mit kraftspendenden Lebensmitteln gut war. Allerdings waren die Speisegewohnheiten des Mittelalters und der frühen Neuzeit deutlich unterschiedlich zu unseren heutigen Vorstellungen. Für die Tafel der wohlhabenden Hammerherren kann man sich am ehesten Speisen vorstellen, wie sie im Kochbuch des Johann Jacob Grunauer von 1733 überliefert werden, der zeitweilig Mundkoch der Markgräfin Elisabeth Sophie war und später das Gasthaus “Schwarzer Adler” in Erlangen führte.
Zum Leupoldsdorfer Hammer gehörte auch ein landwirtschaftlicher Betrieb, der den Haushalt des Hammerherren im Stil der Zeit mit den erforderlichen Grundnahrungsmitteln versorgte. Als Relikt dieses Betriebes wurde im südlichen Gartenbereich des Hammerschlosses das Thema “Obstanbau in kalten Gegenden” umfassend dargestellt, da sich die Hammerherren der Familie von Müller nachweislich auch auf dem Gebiet der Obstbaumzucht betätigt haben. Neben alten Obstbaumarten und -sorten und den verschiedenen Wuchsformen werden hier auch Hinweise zur Pflege der Bäume sowie zur Verwertung der Früchte gegeben.
In einem modern gestalteten Pavillon, der den “Point-du-vue” der geometrischen Gartenanlage bildet, werden diese Themen dargestellt. Dahinter, in Richtung der Straße, entstand eine extensiv genutzte Streuobstwiese sowie eine Hecke mit Wildobstgehölzen, welche das Thema Obst ergänzen.
In einem Seitenflügel des Schlosses (Schloßweg 14) befindet sich der Schloßgasthof König mit sehr schönem Biergarten und regionaltypischer Küche.
Links:
http://www.troestau.de/seite/114945/hammerschloss.html
Erlebnis
Tröstau: Hammerschloss Leupoldsdorf